Schlaflernprogramme – ja oder nein?
Sind sogenannte „Schlaflernprogramme“ wirklich sinnvoll? Und schaden sie dem Kind auch nicht? Wir haben den Kinderschlafexperten Dr. Alfred Wiater dazu befragt.
Dr. Alfred Wiater war Chefarzt der Kinderklinik des Krankenhauses Porz am Rhein in Köln und bis 2018 Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Schlafstörungen bei Kindern und hat an verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema Kinderschlaf mitgewirkt.
Herr Dr. Wiater, manche Eltern greifen die so genannten Schlaflernprogramme dankbar auf, andere empfinden sie als zu hart. Was meinen Sie dazu?
Das Problem ist, dass diese Verhaltensmethoden häufig unvermittelt weitergegeben werden und die Kinder und die Eltern dann überfordert sind. Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass eine Ferber-Methode beim Säugling nicht das Richtige ist, weil der Säugling von seiner kognitiven Entwicklung her gar nicht im Stande ist, die Botschaft, die die Eltern übermitteln wollen, aufzunehmen und zu verarbeiten. Deshalb hat Ulrich Rabenschlag („Freiburger Sanduhrmethode“) ja auch ganz bewusst seine Methode etwas sanfter gestaltet und geschrieben, dass dies nur sinnvoll ist für Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind.
Es wird ja immer betont, die Programme seien völlig unschädlich für das Kind. Kann man wirklich verlässliche Aussagen dazu machen, welche psychischen Konsequenzen solche Programme haben?
Mir sind keine wissenschaftlichen Studien bekannt, die die psychischen Folgen von Schlaflernprogrammen untersucht hätten. Der wissenschaftliche Nachweis, dass es in Folge dieser Programme nicht auch zu Verhaltensstörungen bei den Kindern oder zu Interaktionsstörungen mit den Eltern kommen kann, wurde meines Wissens bisher nicht erbracht.
Was halten Sie persönlich von solchen Methoden?
In bestimmten Situationen ist dieses Vorgehen sicherlich durchaus geeignet. Es ist aber vor allen Dingen wichtig, dass Eltern den Kindern gegenüber ein konsequentes Verhalten praktizieren. Das ist aus meiner Sicht das Hauptkriterium. Und wenn es gelingt, dieses konsequente Verhalten innerhalb eines erzieherischen Gesamtkonzeptes zu praktizieren, dann brauchen Sie dieses Verhaltenstraining nicht mehr.
Wenn Sie auf der anderen Seite dieses Verhaltenstraining isoliert durchführen, ohne sich im Alltag Ihrem Kind gegenüber konsequent zu verhalten, dann werden Sie mit diesem Verhaltenstraining keinen Erfolg haben.