Allergien – bei Kindern die häufigste chronische Erkrankung
Allergien haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Auch im Kindesalter gehören sie inzwischen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen.
Allergische Erkrankungen haben stark zugenommen
Allergische Erkrankungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen und können als „Volkskrankheit“ bezeichnet werden. Untersuchungen zufolge leiden etwa 40 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer allergischen Erkrankung.
Da das Risiko, an einer Allergie zu erkranken, zu einem großen Teil erblich bedingt ist, werden immer mehr Kinder mit einer erhöhten Anfälligkeit geboren. So liegt das Erkrankungsrisiko eines Säuglings mit einem betroffenen Elternteil bei 20 bis 40 Prozent, wenn beide Eltern betroffen sind und die gleiche Allergie haben, sogar bei 60 bis 80 Prozent.
Sollten Sie den Verdacht haben, dass bei Ihrem Kind eine allergische Reaktion, z. B. auf der Haut oder in den Atemwegen, auftritt, suchen Sie Ihren Kinderarzt bzw. Ihre Kinderärztin auf.
Allergien: Eine Überreaktion des Immunsystems
Das Immunsystem schützt den Körper vor eindringenden Krankheitserregern. Im Rahmen verschiedener Abwehrstrategien werden Abwehrstoffe gebildet, die eindringende Erreger vernichten und so ihre unkontrollierte Ausbreitung verhindern.
Bei einer allergischen Reaktion bildet der Körper diese Abwehrstoffe gegen Stoffe aus der Umwelt, die für den menschlichen Organismus eigentlich gar nicht gefährlich sind. Diese Auslöser von Allergien werden Allergene genannt. Am häufigsten sind Allergien gegen pflanzliche und tierische Eiweiße.
Eine Allergie entwickelt sich in zwei Phasen
Eine Allergie entwickelt sich in zwei Phasen: In der ersten Phase, der so genannten Sensibilisierungsphase, wird der Organismus zunächst sensibilisiert.
Erst in einer zweiten Phase – in der Regel nach mehrmaligem oder häufigem Kontakt – treten allergische Reaktionen auf.
Während der Sensibilisierungsphase, in welcher noch keine Symptome entstehen, bildet das Immunsystem Antikörper gegen einen an sich harmlosen Stoff. Hierbei genügen winzige Bestandteile, die über das Blut, die Haut, die Atemwege oder den Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden. Diese Antikörper binden sich nun an bestimmte Zellen – so genannte Mastzellen –, die besonders häufig in den Schleimhäuten der Atemwege und des Verdauungstraktes sowie in der Haut vorkommen.
Bei einem späteren Kontakt mit Bestandteilen des gleichen Stoffes wird dieser an die Antikörper gebunden, wodurch die Mastzellen zu einer Ausschüttung von Entzündungsstoffen, beispielsweise Histamin und Prostaglandine, angeregt werden. Durch diese an sich sinnvolle Reaktion des Körpers, mit der er sich normalerweise gegen Krankheitserreger wehrt, wird nun die eigentliche allergische Reaktion verursacht. Diese kann sich zum Beispiel bei einem durch Katzenhaare ausgelösten Heuschnupfen in einem plötzlichen, stark fließenden Schnupfen, in Niesen und tränenden Augen manifestieren.
Allergische Reaktionen zeigen sich am häufigsten auf der Haut, an den Schleimhäuten der Augen und der Atemwege und im Magen-Darmtrakt. Je nachdem, wodurch die allergische Reaktion ausgelöst wird, spricht man von einer
- Lebensmittelallergie,
- Inhalationsallergie,
- Insektengiftallergie,
- Kontaktallergie,
- Medikamentenallergie.
Nicht alle allergischen Reaktionen lassen sich jedoch einer eindeutigen Ursache zuordnen. Vielfach führen auch unterschiedliche Stoffe zu ähnlichen allergischen Reaktionen. Zu den allergischen Hauterkrankungen kann auch die Neurodermitis (atopische Dermatitis) gerechnet werden, auch wenn sie nur zum Teil durch allergieauslösende Stoffe verursacht wird.
Insektengiftallergie
Eine Insektengiftallergie entsteht am häufigsten nach Bienen- und Wespenstichen. Da eine allergische Reaktion erst auftreten kann, wenn der Körper gegen einen bestimmten Stoff sensibilisiert worden ist, kann es erst nach einem zweiten Stich zu einer allergischen Reaktion kommen.
Neben den üblichen Symptomen bei einem Insektenstich, wie Juckreiz und Schwellung an der Stichstelle, zeigen sich bei einer allergischen Reaktion zusätzlich Kreislaufprobleme, Übelkeit, Kopfschmerzen und Nesselsucht. Die Krankheitszeichen treten sofort nach dem Stich auf und können unter Umständen lebensbedrohliche Formen annehmen. In Deutschland kommt es jedes Jahr ungefähr in 3000 Fällen zu so schweren allergischen Reaktionen auf einen Insektenstich, dass ein Notarzt hinzugezogen werden muss.
Die allergische Reaktion wird in vier Schweregrade unterteilt:
- Grad I: Jucken und schmerzhafte Schwellung der Stichstelle; zusätzlich Hautrötung, Hitzempfinden und Quaddelbildung am gesamten Körper.
- Grad II: Zusätzlich zu den genannten Symptomen kommt es zu Übelkeit und Erbrechen, Schluckbeschwerden, Atemnot, schnellem Puls und Angstzuständen.
- Grad III: Wie bei Grad I und II, zusätzlich Schocksymptome, blaue Lippen und blaurote Verfärbung der Haut.
- Grad IV: Atem- und Kreislaufstillstand.
Eine Insektengiftallergie wird mit Antihistaminika, ab Grad II mit Cortison behandelt. Wichtig ist eine Nachsorgebehandlung, da bei einem Teil der Betroffenen einige Stunden nach der akuten Reaktion Spätreaktionen auftreten können.
Wenn einmal eine allergische Reaktion auf Insektengift aufgetreten ist, muss in der Folge ein Notfallset mitgeführt werden, das entsprechende Medikamente gegen die unter Umständen lebensbedrohlichen Symptome enthält.
Sinnvoll kann eine Hyposensibilisierung sein. Hierbei wird schrittweise in zunehmenden Konzentrationen Insektengift in die Haut geritzt. Der Körper wird so dazu gebracht, sich an den Stoff zu gewöhnen und die allergische Reaktionsbereitschaft Schritt für Schritt zu vermindern.
Kontaktallergien
Bei einer Kontaktallergie wird die allergische Reaktion durch den direkten Kontakt des auslösenden Stoffes mit der Haut und Schleimhaut hervorgerufen.
Hierbei wird zwischen Reaktionen unterschieden, die sich sofort nach dem Kontakt zeigen, und solchen, die einen bis mehrere Tage später auftreten. Sofortige Reaktionen können beispielsweise Symptome einer Nesselsucht sein, wie juckende gerötete Haut mit Quaddelbildung. Erst später auftretende Symptome – die „klassische Kontakt-Allergie“ – äußern sich in scharf umgrenzten geschwollenen, geröteten Hautstellen und der Bildung von Bläschen.
Die am häufigsten vorkommende Kontaktallergie ist die Nickelallergie, gefolgt von Kosmetik- und Parfümallergien. Es kann unter Umständen recht schwierig sein, die allergieauslösenden Stoffe zu meiden, da sie in ganz alltäglichen Dingen enthalten sind. So findet sich zum Beispiel Nickel in Schmuck, Verschlüssen von Kleidungsstücken, Nahrungsmitteln und allen erdenklichen Gegenständen des täglichen Gebrauchs, wie Türklinken, Schlüsseln und Besteck.
Der Gesetzgeber hat auf die drastische Zunahme von Nickelallergien reagiert und 1992 die so genannte, laufend aktualisierte „Bedarfsgegenständeverordnung“ eingeführt. Sie beinhaltet ein Verbot beziehungsweise eine Kennzeichnungspflicht von Nickel in Schmuck.