Schritte in der sozialen Entwicklung eines Kindes
Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen, sich in Gruppen zurechtzufinden, sich zu behaupten und Rücksicht zu nehmen – all dies muss ein Kind erst noch lernen.
Schon das Baby sucht das Miteinander
Von Geburt an besitzt ein Kind bestimmte Eigenheiten und Fähigkeiten, um eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen, die es umsorgen:
- Das Baby kann seine Umwelt bereits mit allen Sinnen wahrnehmen und darauf reagieren.
- Es zeigt eine besondere Vorliebe für menschliche Stimmen und das menschliche Gesicht.
- Es kann durch Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Blickverhalten und schließlich auch durch Laute seine Bedürfnisse, seine Befindlichkeit, sein Interesse wie auch sein Desinteresse an etwas mitteilen.
Das wachsende Selbstempfinden ab etwa zwei, drei Monaten wie auch die inzwischen herangereiften Fähigkeiten – beispielsweise zunehmende Kopfkontrolle, schärferes Sehen – wirken sich auch auf das Miteinander aus:
- Ihr Kind lädt Sie mit seinem ersten Lächeln dazu ein, sich mit ihm zu beschäftigen.
- Wahrscheinlich kann es inzwischen – je nach Ursache seines Unbehagens – ganz unterschiedlich schreien und damit deutlich mitteilen, ob es Hunger hat, müde ist oder Langeweile hat.
- Mit Blicken, Mimik, Lauten und Gesten kann es sich immer deutlicher mitteilen und „unterhalten“. Wenn Sie ihm antworten, zeigt es sichtlich Freude.
- Es ist nicht mehr in dem Maße wie zuvor auf den engen körperlichen Kontakt angewiesen, um Nähe zu erfahren. Es interessiert sich zunehmend für seine Umgebung.
Mit etwa sechs Monaten beginnen Kinder in der Regel, auf den Gesichtsausdruck ihres Gegenübers zu achten und lächeln allmählich nur noch freundliche Gesichter an: In den nächsten Monaten fühlt sich Ihr Kind wahrscheinlich Fremden gegenüber in zunehmendem Maße unbehaglich. Bei den meisten Kindern setzt nun – wenn auch in ganz unterschiedlicher Stärke – das sogenannte Fremdeln ein.
Doch trotz des Fremdelns hat Ihr Kind zum Ende seines ersten Lebensjahres vermutlich gelernt, von sich aus Kontakt zu anderen Menschen aufzunehmen. Fremden Personen begegnet es dabei aber meist noch mit Zurückhaltung.
Vom Ich zum Wir
Im Verlauf des dritten Lebensjahres beginnen Kinder, sich immer mehr dafür zu interessieren, was Menschen zu einem bestimmten Verhalten und Handeln bewegt. Ihr Kind möchte jetzt wissen: „Warum weint das Kind?“
Es kann nun mehr und mehr auch zu Personen außerhalb der Familie Beziehungen aufnehmen, auch wenn es für die Kontaktaufnahme zunächst noch auf Unterstützung angewiesen sind. Mit etwa drei Jahren sind Kinder jedoch in der Regel in der Lage, selbstständig Kontakt zu anderen zu knüpfen. Ihr Kind kann nun bereits erste, wenn auch meist noch recht kurzlebige Freundschaften schließen.
Gegen Ende des vierten Lebensjahres kann sich Ihr Kind schließlich erstmals vorstellen, dass andere etwas anders als es selbst fühlen, denken und handeln. Hierdurch kann es sich nun immer besser in andere hineinversetzen. Die Ichbezogenheit der ersten Jahre wandelt sich allmählich in ein Interesse für andere, und die Freundschaften, die Ihr Kind jetzt schließt, können Monate oder gar Jahre überdauern.
Von besonderem Interesse: andere Kinder
Schon Babys sind fasziniert von anderen Kindern, und je älter ein Kind wird, umso wichtiger wird das Spielen mit Gleichaltrigen: Kinder können hierbei den Umgang miteinander lernen und die Regeln der „Großen“ ausprobieren.
Allerdings können ein- oder zweijährige Kinder noch nicht wirklich gemeinsam spielen. In diesem Alter spielen sie noch nebeneinanderher und jedes für sich, behalten sich dabei aber gegenseitig aufmerksam im Auge. Vor allem auf dem Spielplatz verfolgen Kinder die Aktivitäten anderer Kinder sehr genau und versuchen das, was ihnen besonders interessant erscheint, in ihrer Beschäftigung nachzuahmen.
Gegen Ende seines zweiten Lebensjahres macht Ihr Kind die überwältigende Entdeckung „Das bin ich!“, kann sich aber noch nicht in andere hineinversetzen: Es kennt zurzeit nur seine eigenen Wünsche und kann sich noch nicht vorstellen, dass beispielsweise sein kleiner Spielgefährte vom Spielplatz traurig ist, weil es ihm die Schaufel weggenommen hat. So manches Spiel mit Gleichaltrigen kann deshalb urplötzlich durch Schubsen und Schlagen unterbrochen werden. Dieses Verhalten ist für das jetzige Alter normal, und meist geht es nach kurzer Zeit schon wieder friedlich weiter.
Das Miteinander will geübt sein
Wenn Ihr Kind in die Kindertagesstätte geht, muss es eine ganze Weile ohne Sie auskommen und gleichzeitig seinen Platz in der Gruppe finden. Es muss lernen, mit anderen Kindern zurechtzukommen, zu teilen, seine Wünsche auch mal zurückzustellen und Regeln zu befolgen – auch im Streit. Denn Schlagen und Treten helfen nicht, wenn man eigentlich mit jemandem spielen möchte!
Beim gemeinsamen Spiel kann es sein, dass jedes Kind zunächst noch beharrlich an seinen eigenen Spielregeln festhält, auch wenn es vielleicht aufgefordert wird, diese zu ändern, damit zum Beispiel ein jüngeres Kind mitspielen kann. Erst mit zunehmendem Alter spielen Kinder immer mehr auch in größeren Gruppen miteinander.
Die Welt „mit anderen Augen“ sehen
Im Verlauf des fünften Lebensjahres werden Rollenspiele beliebt: Als Prinzessin, böse Hexe, gefährlicher Tiger oder Räuber übt sich Ihr Kind jetzt darin, andere Blickwinkel einzunehmen, die Welt „mit anderen Augen“ zu sehen. Als Polizistin, Feuerwehrmann, Postbote oder Busfahrerin ahmt es die Welt der Erwachsenen nach und festigt hierbei sein Verhalten, sein Können und seine Wertvorstellungen.