Die Entwicklung des Sehvermögens
Kinder können von Geburt an sehen. Aber die Sehschärfe und das Zusammenspiel beider Augen müssen sich erst noch entwickeln.
Das Sehen – wichtig für die gesamte Entwicklung
Gutes Sehen ist für die gesamte körperliche, geistige und soziale Entwicklung von Bedeutung:
- Wenn ein Kind zum Beispiel mit drei, vier Monaten bereits etwas weiter entfernte Dinge sehen kann, beginnt es danach zu greifen.
- Sobald es – ab etwa sieben Monaten – auch Gegenstände außerhalb seiner Reichweite erkennen kann, streckt es gezielt seine Hände danach aus.
- Schon wenig später wird es versuchen, auf irgendeine Art und Weise eigenständig zu einem interessanten Gegenstand zu gelangen.
Auch in der Erkundung gewinnt das Sehen zunehmend an Bedeutung. Mit etwa sieben bis neun Monaten werden die Dinge, die das Kind zuvor vor allem mit Mund und Händen untersucht hat, immer ausgiebiger auch mit den Augen erforscht. Schließlich werden die Augen zum vorrangigen „Werkzeug“, wenn es Neues zu entdecken gilt – und dies über das Kindesalter hinaus: Rund 90 Prozent all unserer Sinneseindrücke nehmen wir über die Augen auf.
In den ersten Lebensjahren reift die Sehfähigkeit entscheidend heran
Während das Neugeborene noch unscharf sieht und vor allem Hell-Dunkel-Kontraste unterscheiden kann, besitzt das einjährige Kind bereits 50 Prozent der Sehschärfe eines Erwachsenen.
Im Verlauf der Kindheit bildet sich die Sehfähigkeit weiter aus:
- Vor allem im zweiten und dritten Lebensjahr nimmt die Sehschärfe noch erheblich zu, allerdings weitaus langsamer als im ersten Lebensjahr.
- Die Entwicklung des räumlichen Sehens setzt ebenfalls bereits im ersten Lebensjahr ein und festigt sich mit zunehmender Koordination der Augen im Verlauf der nächsten Jahre.
- Mit etwa neun Jahren entspricht die Fähigkeit zum räumlichen Sehen der eines Erwachsenen. Hierdurch ist das Kind nun beispielsweise in der Lage zu sehen, ob zwei verschieden große Autos gleich weit entfernt sind.
Allerdings ist die Sehfähigkeit auch jetzt noch nicht vollends ausgereift. Das sogenannte Gesichtsfeld – der mit beiden Augen erfassbare Bereich – ist seitlich noch um etwa 30 Prozent eingeschränkt. Erst im Alter von zehn bis zwölf Jahren entspricht das Gesichtsfeld dem eines Erwachsenen.
Wenn ein Kind kaum oder gar nichts sieht
Jährlich kommen in Deutschland etwa 200 Kinder blind auf die Welt, rund 1000 Kinder haben eine hochgradige Sehbehinderung.
Die über das Sehen vermittelten Informationen und Entwicklungsanreize erfährt ein blindes oder stark sehbehindertes Kind über andere Wahrnehmungen, insbesondere über das Hören und Tasten. Hierdurch kann es zu Verzögerungen in anderen Entwicklungsbereichen, beispielsweise in der motorischen Entwicklung oder beim Greifen, kommen. Diese können jedoch im Zuge der sprachlichen Entwicklung häufig bis zum Beginn des Schulalters aufgeholt werden. Eltern sollten sich deshalb frühzeitig beraten lassen, wie sie ihr sehbehindertes oder blindes Kind bestmöglich unterstützen können und welche Möglichkeiten der Frühförderung es gibt. Auch für die Entwicklung der Selbstständigkeit des Kindes ist dies wichtig.
Neben speziellen Einrichtungen und Frühförderstellen bieten Fachverbände, Selbsthilfegruppen und Elternvereinigungen betroffenen Eltern alltagsnahe Unterstützung und einen oft hilfreichen Erfahrungsaustausch.