Ein lautstarkes Signal: Schreien
So fürsorglich, umsichtig und einfühlsam Sie auch sein mögen – in den ersten Lebenswochen eines Babys gehört Schreien zum Alltag. Dennoch sollten Sie Ihr Kind nicht einfach schreien lassen.
In den ersten Monaten ist Schreien völlig normal
Schreien gehört zu den wichtigsten Ausdrucksmitteln des Säuglings. Dabei verläuft das Schreiverhalten in den ersten drei Lebensmonaten bei allen Säuglingen ähnlich. Wie häufig, ausdauernd und laut Babys schreien, ist jedoch von Kind zu Kind sehr unterschiedlich. Auch bei der Tageszeit gibt es Unterschiede: Meist beginnen die Schreiphasen am Nachmittag oder frühen Abend und können sich bis tief in die Nacht hineinziehen. Aufgrund der beim Schreien verschluckten Luft zeigt sich der Bauch oft aufgebläht.
Auch wenn Ihr Baby in den ersten drei Lebenswochen wahrscheinlich noch relativ wenig schreit, kann sich das schnell ändern: In der Regel nimmt das Schreien in den ersten beiden Lebensmonaten zu und erreicht meist in der sechsten Lebenswoche seinen Höhepunkt. Denn Ihr Baby ist dabei, einen Rhythmus zwischen Schlafen und Wachsein zu lernen, und das klappt nicht immer auf Anhieb.
Nach der sechsten Lebenswoche werden die Schreiperioden in der Regel kürzer, bis sie nach drei Monaten fast oder ganz verschwinden.
Warum ein Baby schreit
In den ersten drei Monaten schreit ein Kind meist,
- weil es hungrig ist,
- weil es müde ist und nicht zur Ruhe findet,
- weil es eine frische Windel braucht,
- weil es Zuwendung möchte.
Während das Neugeborene zunächst noch undifferenziert schreit, ist ein wenige Wochen altes Baby bereits in der Lage, sein Schreien je nach Anlass – beispielsweise Hunger oder Müdigkeit – zu variieren. Schon bald werden Sie wahrscheinlich gelernt haben, die verschiedenen Schreiarten Ihres Kindes (Hunger-, Schlaf- und Zuwendungsschreien) zu unterscheiden.
- Mit Schreien kann Ihr Kind aber auch mitteilen, dass es zu wenig Anregung bekommt und sich langweilt.
- Vor allem häufiges Schreien kann auch ein Zeichen für Überforderung sein und signalisieren, dass Ihr Kind tagsüber einfach zu wenig Schlaf erhält. Gerade Säuglinge geraten schnell an die Grenze dessen, was sie verkraften können, und reagieren dann oft überreizt und quengeln und schreien.
- Schreien kann aber auch ein Hinweis sein, dass sich Ihr Kind körperlich unwohl fühlt und ihm vielleicht etwas wehtut.
- Das Schreien in den ersten Lebensmonaten auf Probleme des Darmtrakts („Dreimonatskoliken“) zurückzuführen, ist nicht mehr zutreffend. Denn lediglich 5 Prozent der Babys, die viel schreien, haben Probleme mit dem Magen-Darm-Trakt.
Babys schreien aber auch ohne erkennbaren Grund, und manche tun dies laut und ausdauernd. Mögliche Ursachen und Erklärungen und was Sie tun können, finden Sie in dem Artikel zum Thema „Schreiprobleme“.
Warum Sie Ihr Baby nicht schreien lassen sollten
Wenn Ihr Baby weint und schreit, will es Sie keinesfalls zu einem bestimmten Verhalten „zwingen“. Schreien ist immer ein „Hilferuf“ nach Unterstützung und bedeutet, dass Ihr Baby Sie braucht. Schenken Sie jedem Schreien Beachtung:
- Gerade in den ersten drei bis vier Monaten ist Schreien mit einer starken inneren Erregung verbunden, aus der Ihr Kind alleine nicht mehr herausfinden kann.
- Reagieren Sie deshalb möglichst sofort. Versuchen Sie herauszufinden, was die Ursache für das Unbehagen Ihres Babys ist, es zu trösten und zu beruhigen.
- Wenn Ihr Kind ohne ersichtlichen Grund schreit: Auch wenn Sie Ihr Baby nicht länger schreien lassen sollten, nehmen Sie es nicht gleich beim ersten Schreien hoch. Manchmal genügt auch der Blickkontakt mit Ihnen, beruhigendes Zureden oder sanftes Schaukeln, damit es sich wieder beruhigt.
- Wenn Ihr Baby viel und heftig schreit: Denken Sie daran, dass Ihr Baby sehr zerbrechlich ist. Schütteln Sie es niemals in der verzweifelten Hoffnung, es damit ruhig zu bekommen. Hals und Kopf Ihres Babys sind sehr verletzlich. Schon ein kurzes Schütteln kann schwere gesundheitliche Schäden verursachen und sogar zum Tod des Babys führen.
- Geben Sie Ihrem Kind nie Medikamente zur Beruhigung.
So beruhigen Sie Ihr Baby
Eltern kennen ihr Baby am besten und haben viele Möglichkeiten, es zu beruhigen. Eine Garantie gibt es leider nicht, denn jedes Baby ist anders. So schwer es auch manchmal fällt, bewahren Sie Ruhe.
Was helfen könnte:
- Streicheln Sie das Händchen Ihres Babys.
- Schaukeln Sie Ihr Baby sanft auf dem Arm.
- Singen Sie Ihrem Baby ein Lied.
- Massieren Sie sanft seinen Bauch und Rücken.
- Tragen Sie Ihr Baby im Tuch.
- Gehen Sie mit Ihrem Baby spazieren.
Wenn Sie nach der richtigen Beruhigungsmethode suchen:
- Probieren Sie in Ruhe aus, welche Methode Ihrem Baby und Ihnen guttut.
- Lassen Sie sich für jede Methode ausreichend Zeit. Denn hektisches Ausprobieren kann zu Überreizung bei Ihrem Kind führen.
- Probieren Sie eine Methode in Abständen ruhig wieder einmal aus. Vielleicht ließ sich Ihr Kind anfangs nicht durch Singen beruhigen, jetzt aber schon. Umgekehrt können Methoden wie das Tragen im Tragetuch in den ersten Lebenswochen sinnvoll sein. Zwei Monate später passen sie aber nicht mehr.
Auch wenn es schwerfällt: Je ruhiger Sie bleiben, desto besser kann sich auch Ihr Kind entspannen.
Rascher Trost und Zuspruch bedeuten nicht Verwöhnen
Wie lange man sein Baby schreien lassen darf, ist eine Frage, die sich viele Eltern stellen und die nicht leicht zu beantworten ist, weil jedes Kind anders ist. Auch die familiäre Situation unterscheidet sich voneinander. Am wichtigsten ist es, sich nicht von Babys Unruhe anstecken zu lassen.
Ihr zuverlässiges und einfühlsames Eingehen auf das Weinen und Schreien besonders in den ersten Lebensmonaten bedeutet keinesfalls, dass Sie Ihr Kind verwöhnen. Vielmehr unterstützen Sie Kind hierdurch: Es hilft ihm zu lernen, seine innere Erregung selbst so zu beeinflussen, dass es sich in seinem Körper wohlfühlt. Und: Säuglinge, die von Anfang an rasch beruhigt werden, schreien in der Regel in den kommenden Wochen weniger. Während umgekehrt Babys mit der Zeit mehr schreien, wenn ihre Eltern sie häufiger schreien lassen.
Wenn das Schreien zur Belastung wird
Wenn Ihr Baby auch nachts sehr viel schreit und Ihnen dadurch auch der Nachtschlaf fehlt, ist es verständlich, wenn Sie nervös werden und sich seelisch und körperlich „am Ende“ fühlen. Manchmal schütteln Eltern ihr schreiendes Baby aus lauter Verzweiflung. Tun Sie das nicht! Hals und Kopf Ihres Babys sind sehr verletzlich. Schon kurzes Schütteln kann schwere gesundheitliche Schäden verursachen und sogar zum Tod führen.
Suchen Sie rechtzeitig Hilfe, wenn Sie das Gefühl haben, Sie verkraften das Schreien nicht mehr:
- Sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt oder Ihrer Kinderärztin darüber.
- In vielen Orten gibt es inzwischen auch Beratungsstellen bzw. Schreiambulanzen speziell für Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern, die schnell und unbürokratisch Beratung und Hilfe anbieten.
Inzwischen gibt es in allen Gemeinden auch sogenannte Frühe Hilfen. Dazu gehören auch Familienhebammen, die Sie bei besonderen Belastungen im ersten Lebensjahr unterstützen können. Informationen hierzu erhalten Sie unter anderem beim örtlichen Jugend- bzw. Gesundheitsamt.