„Denkschritte“ im ersten Lebensjahr
Die Welt ist für ein Baby zunächst „so, wie sie ist“. Doch gegen Ende seines ersten Lebensjahres kann es bereits gezielt Mittel einsetzen, um etwas zu erreichen.
Bereits das Baby möchte „die Welt verstehen“ können
Auch in seiner geistigen Entwicklung spielt ein Kind von Anfang an eine aktive Rolle: Von Geburt an nimmt es seine Umwelt bereits mit allen Sinnen wahr und setzt sich auf seine ganz eigene Weise mit seiner Umgebung, mit Gegenständen und mit Handlungen auseinander. Es begreift und überprüft Zusammenhänge, verarbeitet seine Eindrücke und Vorstellungen und „tastet“ sich an neue „Erkenntnisse“ heran:
- Ist das, was ich wahrnehme, mir schon bekannt oder unbekannt?
- Signalisiert es etwas Wichtiges, wie beispielsweise die bevorstehende Mahlzeit?
- Ist es angenehm oder unangenehm?
- Hängt es auf irgendeine Weise mit meinem eigenen Verhalten zusammen?
- Kann ich es durch mein Verhalten erneut hervorrufen?
Schon mit wenigen Monaten ist ein Säugling in der Lage, seine verschiedenen Sinneserfahrungen zu ersten einfachen Vorstellungen zu verknüpfen – von den Gegenständen in seiner Umgebung, aber auch von Ihnen, von Ihrem Verhalten, von Ihrer Gestalt und von seinem eigenen Körper.
Diese Erfahrungen macht Ihr Kind vor allem im Miteinander und Austausch mit Ihnen – wenn Sie es ermuntern, mit ihm reden, es bestätigen und sein Vergnügen teilen, das es an seinem Spiel mit den Dingen hat.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Etwa bis etwa zum Alter von acht Monaten existiert für Ihr Baby nur das, was es unmittelbar sieht und erlebt: Wenn Sie sich zum Beispiel unter einem Tuch verstecken oder aus dem Zimmer gehen, sind Sie für Ihr Kind weg. Das Stofftier, das unter die Decke gerutscht ist, existiert nicht mehr.
Mit etwa sechs, sieben Monaten beginnt Ihr Baby, eine erste Vorstellung von den Dingen zu entwickeln. Es ist nun mehr und mehr in der Lage, alltägliche Gegenstände zu erkennen und zu unterscheiden.
Erstes Erinnern
Mit etwa acht, neun Monaten kann ein Kind seine Vorstellung von einem Gegenstand als Erinnerung kurz abspeichern. Es beginnt allmählich zu begreifen, dass Menschen und Dinge auch dann noch da sind, wenn sie aus seinem Blickfeld verschwunden sind: Ihr Kind sucht nun nach seinem Spielzeug oder möchte, dass Sie es finden. Und wenn Sie sich unter einem Tuch versteckt haben, weiß es jetzt, dass Sie immer noch da sind.
Diese aufregende Erkenntnis möchte Ihr Kind in seinem Spiel nun unermüdlich auf die Probe stellen:
- Wohin rollt der Ball, wohin verschwindet sein Spielzeug, wenn es auf den Boden fällt?
- Es verdeckt sein Kuscheltier mit dem Kissen, nimmt das Kissen gleich darauf wieder weg: Ist der Teddybär tatsächlich noch da?
Am meisten Spaß hat Ihr Kind aber wahrscheinlich, wenn Sie mit ihm „Guck-guck“ spielen – Ihr Gesicht zum Beispiel unter dem Kissen oder hinter der Sessellehne verstecken, um im nächsten Moment mit einem lachenden „Guck-guck“ wieder hervorzukommen.
Erste Absichten
Etwa zum gleichen Zeitpunkt – mit acht, neun Monaten – macht Ihr Kind noch eine weitere großartige Entdeckung: Wenn es zum Beispiel an der Schnur seiner Spieluhr zieht, ertönt die Musik. Bewegt es seinen Arm, gibt die Rassel in seiner Hand Töne von sich, und wenn es an der Schnur seiner Laufente zieht, kommt sie so nahe, dass es sie greifen kann.
Damit beginnt Ihr Kind, Auswirkungen von einfachen Handlungen und erste Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zu begreifen. Es kann nun bereits gezielt Mittel einsetzen, um etwas zu erreichen und probiert diese Erfahrung mit größtem Vergnügen an den verschiedensten Dingen aus:
- Brummt der Bär, wenn es seinen Bauch presst?
- Geht das Licht an, wenn es den Lichtschalter drückt?
- Fließt Wasser aus dem Wasserhahn, wenn es ihn öffnet?
Auch in den Folgejahren lassen sich wesentliche Schritte der geistigen Entwicklung vor allem daran erkennen, womit sich ein Kind gerade gut und gerne beschäftigt: Das kindliche Spiel lässt meist gut erkennen, welchen neuen „Erkenntnissen“ das Kind gerade auf der Spur ist.