Der Beginn des „Fremdelns“
Zwischen sechs und acht Monaten, manchmal auch schon früher, reagieren viele Kinder plötzlich ängstlich und abweisend auf fremde Personen – sie beginnen zu „fremdeln“.
Im zweiten Lebenshalbjahr kann es passieren, dass sich Ihr Kind, das bisher immer freundlich und an allen Personen interessiert war, scheinbar plötzlich sehr ungewohnt zeigt: Es beginnt bitterlich zu weinen, wenn die Großeltern es – wie schon viele Male zuvor – auf den Arm nehmen möchten; oder es wendet sich auf einmal ab, wenn der Babysitter kommt, mit dem es zuvor noch nie Probleme hatte.
Fremdeln ist ein normales Verhalten
Etwa im Alter zwischen sechs und acht Monaten – manchmal auch schon früher – zeigen sich viele Kinder auf einmal sehr verunsichert, ängstlich oder scheu gegenüber fremden Personen. Es werden nur noch bekannte Gesichter angelacht, bei fremden Personen wendet sich das Kind dagegen ab, vielleicht beginnt es sogar lauthals zu weinen.
Je nach Alter greift Ihr Kind vielleicht nach Ihrer Hand, versteckt sich in Ihrem Schoß oder hinter Ihrem Körper. Häufig ist es dann so, dass sich Ihr Baby auf Ihrem Arm wieder vergnügt und mit großem Interesse der fremden Person zuwendet, denn im Prinzip ist es ja immer auch neugierig.
Dieses Fremdeln – oft auch gegenüber bereits bekannten und vertrauten Personen – ist völlig normal. Es hat nichts mit Verwöhntsein zu tun und auch nicht damit, dass Sie vielleicht wieder Ihre Arbeit aufnehmen. Es zeigt vielmehr, dass Ihr Kind nun in der Lage ist, zwischen vertrauten und unvertrauten Personen zu unterscheiden. Als Ursache wird unter anderem vermutet, dass Kinder in diesem Alter fähig geworden sind, ein Gesicht mit seinen charakteristischen und für eine bestimmte Person typischen Merkmalen zu erkennen und damit zu wissen: Dieses Gesicht (das der Mutter, des Vaters) kenne ich, jenes aber nicht, es ist mir fremd.
Kinder fremdeln unterschiedlich stark
Solche Fremdelreaktionen zeigen sich – auch in vielen anderen Kulturen – bei den meisten Kindern in diesem Alter. Aber auch hier ist jedes Kind anders: Vielleicht fremdelt Ihr Kind so gut wie gar nicht, während sich andere noch über Jahre hinweg mit fremden Personen schwertun. Am ausgeprägtesten zeigt sich das Fremdeln meist im zweiten und dritten Lebensjahr, nimmt dann aber in der Regel bis zum Alter von drei Jahren immer mehr ab.
Doch auch Ihr Kind selbst kann mal mehr und mal weniger stark fremdeln. Wie „skeptisch“ es sich einer fremden Person gegenüber verhält, hängt immer auch von seiner momentanen Befindlichkeit und den Erfahrungen ab, die es bereits mit fremden Menschen gemacht hat. Auch Ihr eigenes Verhalten und das der anderen Person spielen eine Rolle.
So können Sie Ihr Kind unterstützen
Wenn Ihr Kind fremdelt, möchte es weder Ihre Nerven auf die Probe stellen, noch fremdelt es mit „Vorsatz“:
- Nehmen Sie Ihr Kind mit seiner Angst ernst.
- Beobachten Sie Ihr Kind und helfen Sie ihm in „brenzligen“ Situationen: Nehmen Sie es zum Beispiel auf den Arm, wenn Sie merken, dass es auf eine andere Person ängstlich reagiert; gehen Sie mit ihm ein paar Schritte zurück, streicheln Sie es, sprechen Sie ein paar beruhigende Worte mit ihm.
- Erklären Sie den „fremden“ Personen, die sich eventuell vor den Kopf gestoßen fühlen, das Verhalten Ihres Kindes. Bitten Sie ruhig um etwas Abstand, wenn sich jemand Ihrem Kind zu rasch oder zu laut nähert und es darauf ängstlich reagiert.
- Lassen Sie Ihrem Kind Zeit, um von sich aus Kontakt aufzunehmen. Meist nähern sich Kinder, sobald sie sich bei ihren Eltern geborgen und sicher fühlen, von ganz allein der fremden Person.
- Eine wichtige Rolle spielt auch Ihr eigenes Verhalten fremden Personen gegenüber. Wenn Sie entspannt und positiv auf die andere Person reagieren und Ihrem Kind signalisieren, dass alles in Ordnung ist, reagiert es vielleicht weniger stark, als wenn auch Sie sich ablehnend oder angespannt verhalten.